Sonntag, 29. Juli 2012

Michael Frayn: Willkommen auf Skios

Die Komödie ist ein schwieriges Fach. Eine Verwechselungskomödie das Schwierigste. Ein Autor, der sich heutzutage darauf einläßt und glaubt damit Erfolg zu haben, ist entweder größenwahnsinnig mutig, oder verrückt und wird daran in den meisten Fällen scheitern, oder aber, er ist Michael Frayn! Und Michael Frayn hat mit Willkommen auf Skios einen rasanten, unterhaltsamen „irrwitzigen Slapstickroman“ geschrieben, der komödiantisch und klug ist. Absolut meisterlich! Die erfolgreiche Komödie birgt ein Geheimnis, und wie es scheint, kennt Miachel Frayn dieses Geheimnis.

Der Roman beginnt mit den üblichen und abgedroschenen Klischees: Ein wunderschöner Ort, Verwechselungen am Flughafen, der übliche seriöse und langweilige Wissenschaftler, ein charmanter Hochstapler und spätestens hier, werden einige versucht sein, vor allem die, die Michael Frayn nicht als einen der „klügsten britischen Schriftsteller“ kennen, wie ihn Franz Schirrmacher von der FAZ nannte, daß Buch wieder in die Verkaufsauslage der Buchhandlung zurück zu legen. Das wäre vielleicht ein Fehler, denn es entgeht ihnen damit ein Schriftsteller, der „von allen komischen Schriftstellern unserer Zeit der philosophischste und zugleich der komischste von allen philosophischen Schriftstellern“ ist, wie Michael Ardittl von Daily Mail schrieb.

Skios erfüllt alle Erwartungen, die man an eine wunderschöne griechische Insel hat, auf der sich eine angesehene internationale Stiftung ein exklusives Refugium geschaffen hat, hier Hof hält für die Reichsten und Klügsten der Welt, die zu verbessern sich die Stiftung verschrieben hat. Vor diesem Hintergrund entfalten sich die Protagonisten. Und was für welche! Köche, Taxifahrer, Oligarchen mit ihren Frauen, Nikkie die persönliche Assistentin der Chefin vons Ganze, ihre Freundin, und, und, und..... und Oliver Fox!

„Du bist Oliver Fox“, hatte sie gesagt.
Das konnte er ehrlicherweise nicht leugnen. Das war das Problem. Er war Oliver Fox. In den Kreisen, in denen er verkehrte, hatten alle von ihm gehört, noch bevor sie ihn kennenlernten. Freunde von Freunden – manchmal sogar vollkommen Fremde – begannen zu lachen, kaum wurden sie ihm vorgestellt, und warteten darauf, daß er vor ihnen den Oliver Fox gab. Er hatte wuscheliges blondes Haar und sanfte freundliche Augen, die in ihre blickten, und niemand wußte, was er als nächstes tun würde. Am allerwenigstens er selbst. Bis er plötzlich feststellte, dass ihm etwas in den Sinn gekommen war, und da tat er es auch schon. Woraufhin sie wieder lachten. Oder schrieen und sich in Sicherheit brachten oder die Polizei riefen.“ (Zitat: Seite 33)

Alles funktioniert, ist schlüssig, nachvollziehbar, egal wie bekannt oder abgedroschen die Klischees vermeidlich klingen, und es kommt einem vor, als lese man so etwas zum ersten Mal. Es wird zu einem rauschenden Leseerlebnis.

Ich erwähnte am Anfang das Geheimnis der Komödie. Wußten sie, daß griechisch-orthodoxe Bischöfe feuersichere Gewänder tragen? Wegen der benutzten Kerzen in der orthodoxen Liturgie? Nein. Ich auch nicht und ich erwähne das nur am Rande, weil es in diesem Roman vorkommt, wie noch so manche Überraschungen. Vor allem das Ende. Es kommt garantiert anders als sie erwarten! Was das Geheimnis der Komödie angeht, hier noch ein Zitat, diesmal von Dr. Norman Wilfried, auf Seite 140:

„Aber auch Dichter sind nicht irrational. Nicht, daß ich viel über Dichter wüßte, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß sie denselben Gesetzen der Kausalität wie alle anderen auch unterliegen. Sie finden Worte für Lücken im Markt, sonst machen sie kein Geschäft, wie alle anderen auch.“

Das drückt natürlich nicht das Geheimnis der gelungenen Komödie aus. Das Geheimnis ist die Liebe zum Menschen. Mit dieser allgemeinen Liebe im Herzen und im Geiste hat Michael Frayn diesen Roman geschrieben.

Was allerdings englischer Humor sein soll, wie es auf dem Cover heißt, weis ich persönlich immer noch nicht.



Michael Frayn: Willkommen auf Skios
Roman
Aus dem Englischen von Anette Grube

© Miachael Frayn 2012
Alle Rechte der deutschen Ausgabe
© Carl Hanser Verlag München 2012
Schutzumschlag: Peter-Andreas Hassiepen, München
Motiv © Katie Edwards / Getty Images