Montag, 4. Juni 2012

Günter de Bruyn: Die Finckensteins



Die Finckensteins, ich bin beeindruckt und staunte bei dieser Lektüre. Eine Familie im Dienste Preußens. Dabei frage ich mich, immer noch irgendwie unter dem Einfluß Günter de Bruynscher beeindruckender Erzählkunst, ob diese Familie nun eher Dallas und den Ewings zu zurechnen sei, oder dem Denverclan mit den Carringtons.

Die Fans von Preußens Glanz und Gloria werden in dieser Bemerkung nun sicher ein Sakrileg sehen. Tut mir leid, Jungs und Mädels. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß damals wirklich alles so wunder wunderschön war, wie es sich hier zuweilen in diesem Buch lesen und ahnen läßt.

Das es nicht so ist, läßt Günter de Bruyn auch immer wieder beiläufig in seinen Beschreibungen mit einfließen, wenn er von den zahllosen Kriegen und Nöten berichtet; wenn Napoleon mit seinem Heer vor der Tür steht, während man im traumhaften Park des Präsidenten, dem zweiten wichtigen Finckenstein, den Gedichten von Ludwig Tieck lauscht und sich den Künsten hingibt. Das es dabei auch zum Streit und zu Intrigen wie bei Dallas kam, erwähnt de Bruyn diskret, aber deutlich. Es liegt wohl in der Natur der Sache, daß sich Künstler eine gute Zeit lang verstehen, und dann möglicherweise überwerfen und zerstreiten. Damals, wie heute.

Die Geschichte der Finckensteins beginnt mit dem späteren Feldmarschall, der Erzieher zweier preußischer Kronprinzen war und einer der engsten Ratgeber Friedrichs des Großen war. Und für jemanden wie mich, der keine Ahnung mehr von Preußen und diesem Teil Deutscher Geschichte hat und die Könige und Kaiser verwechselt, war der erste Teil des Buches auch in dieser Hinsicht höchst interessant. Jetzt habe ich einen Überblick gewonnen.

Im Mittelteil des Buches geht es um den Sohn, dem zweiten Finkenstein, den man später Präsident nannte, und in seine Zeit fallen die wunderbaren Berichte von Bruyn über den kraftvollen Aufschwung der deutschen Literatur, die Zeit der Romantik und all ihrer Vertreter und dem Leben in Berlin, auf dem Land, in den Bädern.

Auf dem Klappentext heißt es:

„Der Reichtum der Gestalten in de Bruyns Werk, die Entfaltung einer sich verändernden preußischen Gesellschaft, der Gegensatz zwischen dem „französisierenden“ Königshaus und dem kraftvollen Aufschwung der deutschen Literatur – all dies findet sich wie beiläufig in diesem souverän erzählten Buch.

Und eines verdeutlicht dieses Buch für mich aber auch: einen Untergang! Also eben doch, irgendwie, auch Dallas, Denverclan und Falcon Crest zusammen.