Freitag, 10. August 2012

Benjamin Lebert: Im Winter dein Herz

Ich bin am Boden zerstört: Selten tue ich mich mit einem Buch und einem Schriftsteller schwer. Benjamin Lebert ist ein Star der Literaturszene. Er schreibt seit seinem 12. Lebensjahr wie der Klappentext mitteilt und 1999 erschien sein erster Roman, der in 33 Sprachen übersetzt und verfilmt wurde. Wenn ich richtig gezählt habe ist dieses, „Im Winter dein Herz“, sein fünfter Roman und heute ist er 30. Klingt als müßte es mit gefallen? Tut es aber nicht und ich frage mich warum und vielleicht ist es meine innere Abneigung gegen „Wunderkinder“, egal ob sie Musik oder wie in diesem Fall Literatur machen, die mich glauben läßt, sie seien nicht in der Lage gefühlvoll und leidenschaftlich genug, das rüber zu bringen, was ich in der Literatur und der Musik schätze und liebe. Vielleicht ist das aber gerade ein dummes Vorurteil von mir.

Ich habe mich jetzt eine ganze Woche mit diesen 156 Seiten beschäftig und gelegentlich sogar rumgequält, und merke gerade, daß ich die Faxen dick habe. Dieses Buch zu lesen und mich mit diesem Autor zu beschäftigen, war und ist ein Wechselbad der Gefühle. Meiner Gefühle, die, die dieser Autor und sein Roman in mir ausgelöst hat. Vielleicht hätte ich dieses melancholische Buch nicht unbedingt im Sommer lesen dürfen, um mit mehr Begeisterung ran zu gehen?

Robert, Annina und Kudowski sind die Helden in diesem Roman, der in einem Deutschland handelt, welches kollektiven dreimonatigen Winterschlaf macht, mit einigen Ausnahmen. Andere Länder machen diesen Winterschlaf auch, allerdings nicht die Türkei. Ladet euch die Winter-App herunter, und dann wißt ihr wo ihr ein Bierchen trinken, oder Tanken könnt, und wer Winterdienst hat, falls ihr ebenfalls auf den Winterschlaf verzichten wollt. Nun sind diese drei einige Zeit unterwegs und lernen sich näher kennen und das ist recht interessant und am Ende sogar noch überraschend. Ich will nicht zu viel verraten. Es sind nur 156 Seiten und wenn ich noch mehr zum Inhalt sage verrate ich womöglich zu viel.

Etwas ganz feines zuweilen ist natürlich Leberts Stil und Sprache. Die ist tatsächlich an einigen Stellen poetisch in diesem Buch. Er verwendet Wörter, die heutzutage selten verwendet werden, was eine Freude ist. Es ist aber auch gleichzeitig ein Problem, da sich diese Sprache nicht in die Dialoge übertragen läßt, so daß ein Kontrast entsteht und kein durchgängiges Ganzes für mich entsteht. Wenn ich nicht dauernd über so etwas wie „Welpenschutz“ nachdenken müßte und dabei das Gefühl habe, wenn Benjamin Lebert so weiter macht, dann könnte mal ein großen Schriftsteller aus ihm werden, dann würde ich diesen Roman als tendenziös etwas langweilig und etwas fade bezeichnen. Im letzten Drittel wird es dramatischer, was dem Roman sehr gut tut und weniger gekünstelt erscheinen läßt.

Ich hätte einfach nichts über dieses Buch schreiben sollen, denn weder jetzt, nach dem ich es tat, noch beim lesen, habe ich mich ganz wohl gefühlt.


Benjamin Lebert: Im Winter dein Herz

Umschlaggestaltung: b3k-design.de, Andrea Schneider
Foto: plainpicture/Rui Camilo
© 2012 Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg