Montag, 24. September 2012

Michael Frayn: Gegen Ende des Morgens


Den 1933 geborenen Michael Frayn, britischer Autor,  habe ich erst vor ein paar Wochen entdeckt und sein dieses Jahr erschienenen Roman  „Willkommen auf Skios“ gelesen. Das ich ihn weiterlesen wollte war danach klar. Gegen Ende des Morgen hat er 1967 geschrieben und liegt er seit  2007 als Deutsche Erstausgabe vor.  Frayn nennt ihn seinen Fleet Street Roman.

John Dyson ist Leiter der Abteilung für das Kreuzworträtsel und Vermischte Meldungen einer großen englischen Tageszeitung, Ende der 1960er Jahre. Also kein Handy, keine PC, kein www.  Dyson träumt von Fernsehruhm und dem Leben eines Gentleman und dann bekommt er tatsächlich seine große Chance.

„Ich bin weiß Gott ein Versager, eine unmaßgebliche menschliche Nichtigkeit, auf der jeder dahergelaufene Passant gleichgültig herumtrampelt, dachte Dyson, als er seiner Frau mit geballten Fäusten in den Hosentaschen und einem unnachgiebigen Stirnrunzeln von der Küche ins Wohnzimmer folgte, aber es gibt etwas auf dieser Welt, das ich mir nicht bieten lasse, und das ist das Gekrittel meiner Frau. Davon lasse ich mich nicht kleinkriegen. Ich würde mich weiß Gott nicht beschweren, dachte er, wenn sie mich in halbwegs vernünftiger Manier bekrittelte. Ich bin es ja gewohnt, wie Dreck behandelt zu werden – stolz bin ich nicht. Es ist dieses stillschweigende Kritteln, das ich nicht ertrage, dieses schreckliche pseudosachliche Gekrittel, während sie so tut, als würde sie gar nicht kritteln. Es ist dieses alberne Ratespiel, bei dem ich herausfinden muß, wofür ich bekrittelt werde. Also wirklich, damit werde ich mir bestimmt nicht den Samstagvormittag um die Ohren schlagen. Ich werde einfach wortlos das Haus verlassen und ein paar Tage in meinem Club verbringen. Ja, wenn ich einen hätte, würde ich das tun.“ (Zitat Seite 163)

Fast bekommt man Mitleid, mit diesem Dyson wenn man so seine Mitarbeiter in der Redaktion kennenlernt, ihre Arbeitsweisen und Eigenheiten, die Frayn in einer unvergleichlich coolen trockenen, klugen und amüsanten Art und Weise darstellt, die typisch für Frayns Schreibe ist und die ihm verdientermaßen den Ruf einbrachte, „einer der klügsten britischen Schriftsteller“ zu sein. Und das Schöne daran ist, man hat nie das Gefühl, belehrt zu werden.  Figuren, Dialoge, Handlungen... einfach brillant, rasant, meisterhaft und in diesem Roman mit einem überraschenden Ende!



Michael Frayn: Gegen Ende des Morgens

Aus dem Englischen von Miriam Mandelkow
© 1967 by Michael Frayn, mit einem Nachwort © 2000 by Michael Frayn
© 2007 by Dörlemann Verlag AG, Zürich
Umschlaggestaltung: Mike Bierwolf
Foto © Mary Evans Picture Library




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