Samstag, 1. Juni 2013

Alia Yunis: Feigen in Detroit


Der Plot klingt gut: Das Leben amerikanisierter Araber in den USA nach dem 11. September, erzählt von der uralten Fatima aus einem Dorf im Libanon, die das erste ihrer zehn Kinder in Detroit zur Welt brachte, wohin sie ihrem ersten Ehemann gefolgt war, der in den 1950er Jahren wie viele andere Araber für Mister Ford dort Autos baute. Fatima lebt bei ihrem Lieblingsenkel Amir in L.A. der schwul ist und empfängt jede Nacht Scheherazade, der sie Geschichten erzählt, wobei klar ist, daß Fatima nach der 1001 Nacht sterben wird.  

Offensichtlich gibt es eine Zeitung in Minneapolis, die heißt Minneapolis Star Tribune und dann gibt es noch so etwas wie Booklist, und die beiden werden nun auf dem Einband der deutschen Ausgabe zitiert.

„Eine schräge, köstliche Mischung aus Gesellschaftsroman, Familiendrama und Komödie.“ schrieb wohl  die Minneapolis Star Tribune und die Booklist, was immer auch Booklist sein mag, wird wie folgt zitiert: „Ein magischer, scharfsinniger Roman voller Herzenswärme und Humor.“

Da kann man dann schon mal auf die Idee kommen, so etwas zu lesen und was der Einband über Alia Yunis mitteilt, nämlich das sie Schriftstellerin, Journalistin und Filmemacherin sei, als Tochter eines libanesischen Diplomaten in Chicago geboren (Wer war die Mutter?)  und nun in Abu Dhabi an der Uni Kommunikationswissenschaft lehrt, klingt auch nicht schlecht.

Ja, und die ersten fünfzig Seiten lesen sich dann auch noch recht gut.....

Der Roman beginnt mit der 992. Nacht.  Wir sind also in L.A., da wird es dann am Ende tatsächlich auch eine Feige geben, an einem Feigenbaum, der 68 Jahre früher vom Libanon mitgebracht und zunächst in Detroit eingepflanzt wurde – also nix Feigen in Detroit, es sei denn die Autorin benutzt die Feigen als Metapher für die Kinder Fatimas.  Aber ich habe nur wenig Tiefsinniges oder gar Hintergründiges in diesem Roman gefunden, noch ist der Aufbau der Erzählstruktur oder gar der Handlung etwas Besonderes. Also Fatima versucht tagsüber ihrem schwulen Enkel eine Ehefrau zu finden, während Scheherazade auf ihrem fliegenden Teppich alle Kinder irgendwo in den Staaten aufsucht und man so Freud und Leid einer unglaublich riesigen Schar von amerikanisierten Arabern erfährt, flach und langweilig aneinandergereiht, ohne besondere Dramaturgie und ich fragte mich die ganze Zeit, wo denn die köstliche Mischung sei, das Drama, die Komödie, das Magische und Scharfsinnige. Statt dessen Alltägliches und Normales, was uns sicher daran erinnert, daß alle menschliche Existenz bedingt leidvoll ist.

Alles in allem, eine, in meinen Augen und für meinen Geschmack, mäßige, ohne jede literarische Raffinesse, auch beliebige, unspektakuläre Umsetzung des Plots. Schade eigentlich.



Alia Yunis: Feigen in Detroit

Aus dem Amerikanischen von
Nadine Püschel und Max Stadler
© Aufbau Verlag GmbH & Co.KG, Berlin 2010
Umschlaggestaltung hißmann, heilmann, hamburg / Gundula Hißmann