Montag, 26. Januar 2015

Tom Segev: Simon Wiesenthal



Sieht nach einer Elukubration aus. Das bedeutet für mich als Leser natürlich ein Problem: Stimmt das, was Tom Segev in diesem Buch geschrieben und der Verlag veröffentlicht hat?

Der Siedler Verlag stellt Tom Segev als Historiker und einen der bekanntesten Journalisten Israels vor. Gut; ich recherchiere den Autor mal nicht und entschließe mich diese 574 Seiten zu lesen.

Der Verlag ist um Seriosität bemüht. Scheiße, wenn man dann ein paar kleine Fehler macht; oder habe ich das nicht richtig verstanden?  Die Asche von 200.000 in Deutschland verbrannter Juden in einem gläsernen Sarg, die Wiesental nach Israel überführt hat? Einmal heißt es, die Asche sei aus den Konzentrationslagern, dann heißt es im Bildteil, es seien die sterblichen Überreste von Holocaust-Überlebenden, ach nein, ein symbolischer Akt (und überhaupt haben sich die Zeitungen schon 1949 darüber gestritten). Die Frage, wie die Zahl von 400.000 getöteten GIs in einer Statistik zur Gesamtzahl von in Europa getöteten Zivilisten, „beinah 25 Millionen Menschen“ zu verstehen ist, lasse ich nun auch mal außer Acht, denn mittlerweile habe ich das halbe Buch schon durch (und wünschte ihm, dem Buch, einen sorgfältigeren Verlag).

Simon Wiesenthal: viel wusste ich nicht von ihm. In 14 Kapiteln breitet der Autor das Leben und die Arbeit dieses Mannes vor mir aus und das vor einem historischen Hintergrund und Zusammenhang. Ja, wenn das alles so stimmt, dann hätte dieser Mann den Friedensnobelpreis verdient und es war nur ein dummer Zufall, dass er ihn nicht erhalten hat. (Ich habe die Jahreszahl vergessen).

Der historische Hintergrund und Zusammenhang spielt eine große Rolle in dieser Biographie. Ich wusste nicht, dass  die meisten NS-Kriegsverbrecher alle kurz nach dem Krieg ‚irgendwo‘ schon mal in ‚irgendeiner‘ Gefangenschaft waren. Offensichtlich hat sich niemand so richtig für sie interessiert und sie wurden wieder freigelassen, bis es dann, oft Jahrzehnte später zu Verhandlungen und Verurteilungen kam. Aber wohl eher selten. Wenn da die Statistik in diesem Buch stimmt, dann waren es erschreckend wenige. Das Gewissen, regte sich wohl erst sehr spät. Auch das der Öffentlichkeit, egal welcher Nationalität. Nicht mal Israel interessierte sich 1949 dafür und hatte andere Probleme. In welchem Jahrzehnt bildete sich der Begriff Holocaust? Schon in den 1960er Jahren, oder doch erst in den 1970er Jahren?

Nach 547 Seiten hat sich mein Verständnis meiner eigenen Zeit gewandelt, weil ich sie doch ein wenig aus der Sicht von Simon Wiesental glaube betrachtet zu haben, auch wenn der Autor ihm wohl nie persönlich begegnet ist, auch wenn ich die Arbeit des Verlages schlampig nennen würde.

Mal sehen, vielleicht analysiere ich diese Biographie mal und interpretiere sie dann auch, obwohl ich zu einer solchen Elukubration zu faul bin.


Tom Segev: Simon Wiesenthal

Aus dem Hebräischen von Markus Lemke

Erste Auflage
© 2010 Siedler Verlag, München
Umschlaggestaltung: Rothfos & Gabler, Hamburg,
unter Verwendung einer
Fotographie von © Herlinde Koelbl / Agentur Focus